„Ad Hoc Baroque“
Zirkuläre Postmoderne
kann Zitieren Sünde sein?
in Zeiten von KI ist Zitieren die Grundlage für Entwurfsmethodik zirkuläres Zitieren in Zeiten der wiederentdeckten Postmoderne? zirkuläres Zitieren als KI-unterstützte Entwurfsmethodik
das Zirkuläre als gedanklicher Prozess
Die Basis für unser Entwerfen 2 bildet der Wettbewerbsbeitrag zu
„Störfaktoren“ Kunst im öffentlichen Raum 2025
der im Projektteam Helga Flotzinger / Clemens Bortolotti entstanden ist: Wettbewerbstext:
„LOGGIA
Die Störung ist ein scheinbar nutzloses Gebäude an der stark befahrenen Kreuzung mitten in der Stadt.
Ein Kunstraum oder ein künstlerischer Raum auf einer Verkehrsinsel.
Tatsächlich ist es eine Loggia. Wie eine kleine Loggia della Signoria in Florenz. Also eine Raum in dem man sich aufhalten, treffen, im tosenden Verkehr verweilen kann. Oder einfach seinen/ihren Weg durch-/weiterführen kann. An der Decke befinden sich Kunstwerke (Deckengemälde).
Ein Kulturraum in einer stark reduzierten klassizistischen Ausführung. Als architektonische Ausformulierung wird auf ein naheliegendes Element zurückgegriffen:
die Typologie ist eine Kopie des Portikus der Johannes-/Universitätskirche, die am Westende des kleinen Parks steht, der ‘Bischof-Reinhold-Stecher-Platz’ heißt. Eine Kopie und eine Interpretation. Die Formen werden stark reduziert und strahlen eine rationalistische Atmosphäre bzw. Botschaft aus.
Diese Loggia bzw. dieser Portikus setzt sich damit mit der Johanneskirche in Beziehung und kann den kleine Park nach Osten hin fassen. Die explizite architektonische Ausformulierung kann den dominierenden PKW-Verkehr rundherum stören bzw. overrulen und den derzeitigen Verkehrsinselcharakter zurückdrängen.
Der Park wird durch die Störung als Aufenthaltsraum aufgewertet.
Was der Portikus für die Kirche und den Park macht, macht die Loggia für das Bus- und Straßenbahnterminal. Auch ein vom Verkehr dominierter Ort. Stark frequentiert und lebendig, als Ambiente etwas rau. Hier stellt die Loggia einen Abschluss nach Westen hin dar. In einem kontrapunktischen Habitus. Dem hektischen Ort wird ein Geistes-/Kunstraum gegenübergestellt.
Die Loggia ist also Abschluss für den Park und das Terminal, aber zugleich auch ein leicht verdrehtes Gelenk zwischen Park, Terminal und der hier schräg einmündenden Bürgerstraße.
Die Loggia wird eine kleine Landmark, die diesen Ort besetzt und ihm einen neuen Charakter geben will und sich störrisch gegen den dominierenden PKW-Verkehr stemmt.
Sitzgelegenheiten können die Verweildauer etwas verlängern. Zumindest einmal im Monat wird eine Vernissage stattfinden und sich mehrere Leute unter dem hohen Dach einfinden.
Wie im Portikus der Kirche, soll auch hier die Decke mit Kunstwerken bespielt werden. Mittels einer (Tageslicht-) Projektion können Künstlerinnen temporär hier ihre Werke vorstellen. Nachdem im Portikus, sowie bei den restliche Deckengemälden in der Johanneskirche, sowie bei letztlich allen historischen Gemälden in allen Kirchen Künstler dominierten, werden für die Loggia ausschließlich Künstlerinnen kuratiert werden.“
Aus der Wettbewerbsausschreibung:
„Eine Störung bezeichnet die Verschiebung einer Ordnung, eine verursachte Veränderung von Struktur, von Gleichgewicht, eine Beunruhigung, die sich in der Oberfläche dokumentiert.“
Esther Kinsky in Störungen
Für unser Entwerfen 2 wird also dieser Bauplatz in Innsbruck ausgewählt: Kreuzung Innrain / Bürgerstraße
Bischof-Reinhold-Stecher-Platz
Das Planungsgebiet spannt sich auf zwischen 2 Gegenpolen – der barocken Johanneskirche
vs
dem funktionalen Verkehrsbau des Terminals oder
Transzendenz vs Immanenz
Dazwischen entsteht ein städtischer Restraum, der als (geistige) Brache daliegt. Was machen wir damit?
Reparaturmaßnahme
Wir bespielen Terminal bespielen Kirche
bespielen Park bespielen Kreuzung
formal, inhaltlich, räumlich
Wir verwerten Versatzstücke der Architektur, also Entwurfselemente und Details, wieder.
Das Vorgefundene ist eine Raumressource, mit der wir arbeiten wollen. Wir fügen Narrative hinzu und entwickeln neue Nutzungskonzepte, in dem wir den Ort räumlich, atmosphärisch und gestalterisch inszenieren.
Wie können wir neue Narrative hinzufügen, die auf dem aufbauen, was wir in einem bestimmten Kontext vorfinden?
Wir arbeiten künstlerisch, mit 3d-Modellen, Modellbau, Skizzen, 3d-Druck und KI Bildgeneratoren (Midjourney o.ä.).
Oberflächen, Volumen, Module, Textilien, Öffnungen, Ornamentik werden als Fragmente extrahiert und seziert.
Sehnsucht nach einer kleinen Stadt
… Jetzt müßte man in einer Kleinstadt sein Mit einem alten Marktplatz in der Mitte, Wo selbst das Echo nächtlich leiser Schritte Weithin streut jeder hohle Pflasterstein,
Wo vor dem Rathaus rost‘ge Brunnen stehen In einem toten, längstvergessnen Stil,
Wo selbst aus Erz die Statuen mit Gefühl Des abends Liebespaare wandeln sehen,
Wo alte Höfe unentdeckt noch träumen, Als wären sie von dieser Welt,
Nur ab und zu ein Dackel leise bellt,
Und blonde Kinder spielen unter Bäumen.
Da blühn Geranien, Tulpen und Narzisssen Vor Fenstern winzig wie im Puppenhaus. Zum ziegelroten Giebeldach heraus
Hängt buntkariert ein bäurisch Federkissen.
Hier haben alle Menschen immer Zeit, Als machte das Jahrhundert eine Pause.
Hier sitzt man noch auf Bänken vor dem Hause.
– Und etwas abseits gibt‘s noch Einsamkeit.
Nichts stört die klare Stille in der Nacht.
Wie unbegreiflich nah sind hier die Sterne … Gespenstergleich verlischt die Gaslaterne, Wenn familiär der Mond herunterlacht.
Da scheint uns – fern von allem – vieles glatt, Was man zuvor mit anderm Maß gemessen.
Man könnte wohl so mancherlei vergessen In einer solchen braven kleinen Stadt …
Mascha Kaléko, 1933
LOGGIA Wettbewerb „Störfaktoren“ Helga Flotzinger/Clemens Bortolotti Visual: Cenk Güzeliş